Künstler an der Schnittstelle zur Neuzeit
Der Bildhauer und Bildschnitzer Tilman Riemenschneider (ca. 1460 - 07.07.1531) hat Würzburg und dem mainfränkischen Umland ein
Gesicht in der Kunst gegeben wie kaum ein anderer. Eine ungewöhnlich lange und produktive Schaffensperiode haben dies ebenso
ermöglicht wie vor allem auch die herausragende künstlerische Leistung Riemenschneiders, welcher im Übergang zur deutschen
Renaissance und zur einsetzenden Neuzeit nördlich der Alpen vielleicht der erste bildende Künstler ist, der die idealisierenden
Darstellungszüge des Mittelalters überwindet.
Kurz zusammengefasst sollte man über Riemenschneider wissen, dass er als junger Künstler 1483 nach Würzburg kam und 1486 zunächst
die Witwe eine Goldschmiedemeisters heiratete (insgesamt war er viermal verheiratet) und so in den Besitz des Hauses in der
Franziskanergasse (hinter dem Sternplatz) gelangte, in dem er fortan und sehr erfolgreich seine Werkstatt führte. Ab 1504 ist er ein
angesehenes Mitglied des Stadtrates und ab 1520 sogar erfolgreicher Bürgermeister der Stadt, in dem es ihm gelingt die
Steuerfreiheit des Adels und der Geistlichkeit zu beschränken. 1525 spielt er eine aktive Rolle, als sich die Stadt mit den
aufständischen Bauern unter Götz v. Berlichingen, Florian Geyer und anderen verbündet. Der Aufstand endet mit der Vernichtung des
Bauernheeres nahe der Stadt durch den sogenannten Schwäbischen Bund, wobei 8.000 Menschen innerhalb von zwei Stunden den Tod
gefunden haben sollen. Riemenschneider kommt für mehrere Monate in Kerkerhaft und wurde wohl auch gefoltert. Nach seiner Freilassung
lebt er zurückgezogen. Eines seiner letzten Werke ist die Altargruppe für das Zisterzienserinnenkloster in Maidbronn. Er stirbt am 07. Juli
1531. Eine Kopie der von seinem Sohn und Nachfolger Georg gefertigten Grabplatte ist an der Nordseite des Domes angebracht. Mehr oder
weniger alle Besucher der Stadt begegnen seinem Werk darüber hinaus, wenn sie z.B. Adam und Eva über dem Seitenportal der
Marienkapelle bewundern.
Innerhalb der langen Spanne von fast 50 Jahren schenkt Riemenschneider der Stadt eine Vielzahl an figürlichen Werken
hauptsächlich aus Holz. Seine stets ungewöhnlich und damals auch unkonventionellen Figuren und Kompositionen drücken Emotionen aus,
haben ein Alter und Falten im Gesicht, zeigen Schmerz, Angst oder auch Freude und sind dabei doch noch immer eingebunden in die
Haltungen, Perspektiven und Gesten des Mittelalters.
Würzburger Zeitgenossen von Tilmann Riemenschneider oder solche mit einem Auftritt in der Stadt sind neben vielen anderen der
Reformer Martin Luther, der Hauptmann und zugleich Bauernführer Götz von Berlichingen, der Idealist Florian Geyer, der
Renaissance-Maler Matthias Grünewald, Stadtschreiber Martin Crontal und auch Chronist Lorenz Fries, welcher sich in vielerlei Art
und Weise um Würzburg und - damals schon - sein historisches Erbe verdient gemacht hat. - Es waren sehr bewegte Zeiten zum Ausgang
des Mittelalters und im epochalen Übertritt in das Zeitalter von Reformation und Gegenreformation, von Buchdruck und der Entdeckung
Amerikas. Die Neuzeit brach an, an deren Ausgang wir uns wahrscheinlich gerade jetzt zu Beginn des 21. Jahrhunderts befinden.
Tilmann Riemenschneider
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